Dieser Blogbeitrag stellt nun endlich eine weitere Steuerungsvariante für unseren Roboter “tibo” vor.
Dank eurer Feedbacks wissen wir, dass die meisten “tibo”-Besitzer sehnlichst neue Bewegungsmuster ausprobieren möchten. Mit den bisherigen Schaltungen verfolgt “tibo” Linien am Boden oder den Lichtstrahl einer Lampe. Die zweite dieser in der Anleitung beschriebenen Schaltungen ermöglicht es dem kleinen Bot, Hindernissen geschickt auszuweichen. Nähert er sich einem Gegenstand, so entscheidet er sich für eine - die hellere - Seite, um die Richtung zu wechseln oder das erkannte Hindernis zu umfahren. Folgen würde er in diesem Fall nur Gegenständen, die deutlich heller als ihre Umgebung sind oder solchen, die tibos IR-Licht ausreichend stark reflektieren.
Von der Dunkelheit angezogen
Unser neues Ziel soll sein, “tibo” so zu “programmieren”, dass er auch dunklen Gegenständen folgt. Dabei nutzt er erneut die Schattenwirkung eines Gegenstandes. So gelingt es ihm, das Objekt vom Untergrund bzw. Hintergrund abzugrenzen.
Vor einem frontalen Hindernis soll “tibo” halten. Befindet sich das Hindernis jedoch rechts vor ihm, so soll er sich nicht nach links abwenden, sondern sich in die Richtung des Gegenstandes orientieren. Falls das Objekt sich bewegt, gilt es, die Verfolgung aufzunehmen.
Fernziele erkennen und anvisieren
Wer die ersten beiden Grundschaltungen aus der “tibo”-Experimentieranleitung bereits kennt, wird sehen, dass es sich hierbei um eine Art Kombination aus Linienfolger und Lichtfolger handelt. Wieso Kombination? Diesmal bringen wir “tibo” bei, einem Objekt zu folgen und dabei einen bestimmten Abstand zu halten. Es funktioniert so ähnlich wie beim Linienfolger, der mit seinen beiden Bodensensoren eine (dunkle) Linie abfährt oder auch kleine Objekte in unmittelbarer Nähe anvisiert und vor sich herschiebt. Der linienfolgende Roboter schafft es mit zwei Sensoren jedoch nur, zwischen links und rechts zu unterscheiden. Daher fährt er bei frontaler Kollision mit dem Objekt einfach weiter. Das werden wir ändern! Außerdem soll “tibo” auch größere und weiter entfernte Objekte ausfindig machen können. Hierfür nutzt er die drei höher liegenden Sensoren des Lichtfolgers.
Womit fangen wir an?
Wir steigen mit unseren Überlegungen am besten bei der Steuerschaltung des Linienfolgers ein. Diese einfache Darstellung zeigt wie durch die Zusammenschaltung von zwei Lichtsensoren ein Relativwertsignal generiert wird. Dieses wird genutzt, um bei ungleicher Beleuchtung der beiden Sensoren einen der beiden Antriebsmotoren abzubremsen und das Vehikel in Richtung der (dunklen) Linie zu steuern.
Die Schaltung ist auf Seite 19 der Anleitung dargestellt und genau erläutert. Die invertierenden [─] Eingänge der Operationsverstärker OP1R und OP2R liegen über einen 1 MΩ- und 2.2 MΩ-Widerstand jeweils an
einer konstanten Spannung (+ 3 V bzw. – 3 V). Die nicht-invertierenden [+] Eingänge werden vom Sensorsignal InM angesteuert.
Trifft auf beide Sensoren T2 und T4 gleich viel Licht, so ist InM = 0 V und “tibo” fährt mit maximaler Geschwindigkeit geradeaus (siehe dünne rote und blaue Linie im Diagramm). Wird nun beispielsweise T2 etwas abgedunkelt (z.B. durch einen Gegenstand etwas links vor dem Roboter), so steigt die Spannung InM an - wird also positiv. Dies führt zu einer Erhöhung der (negativen) Ausgangsspannung von OP1L (ML): Der linke Motor wird langsamer (siehe roter und blauer Balken). “tibo” wendet sich also dem Hindernis zu. Fast geschafft!
Um nun auch frontale Hindernisse zu “sehen”, integrieren wir noch mindestens einen dritten Sensor zwischen T2 und T4. Was passiert jetzt? Je dunkler es am hinzugefügten Sensor wird, desto weiter wandern die Eingangsspannungen In+ an den OPs auseinander. “tibo” würde daher immer schneller auf das Hindernis zurasen. Das ist nicht gewollt. Wie gelingt es uns, diesen Effekt am einfachsten umzukehren?
Die Lösung
Mit einem kleinen Trick erreichen wir, dass der rechte Motor MR vom linken Sensorsignal InL und der linke Motor ML vom rechten Sensorsignal InR angesteuert wird.
Über “tibos” Stecksockel kann man das einfach mit zwei Kabelbrücken bewerkstelligen. Anstelle von Kabelbrücken könnt ihr auch niederohmige Widerstände nehmen, die noch nicht gekürzt sind. Z.B. den 4.7 Ω- und 10 Ω-Widerstand zum Abgleichen der Motoren. Als Sensoren verwenden wir T1, T3 und T5. Achtet bitte darauf, dass das Poti P1 nicht nach links auf 0 MΩ gedreht ist, denn dann würde es InL und InR kurzschließen. Mit den Schrumpfschlauchstücken können bei Bedarf die Sensoren T1, T3, T5 wie gehabt abgeglichen, bzw. “tibos” Abstand zu Objekten reguliert werden.
Wie funktioniert unsere neue Schaltung im Detail?
Im Diagramm sehen wir die Zusammenhänge zwischen den vertauschten Sensorsignalen InR, InL und den Motorsignalen MR, ML.
Wir erinnern uns: Ein Fototransistor hat einen veränderlichen Widerstand, der bei zunehmender Helligkeit kleiner wird. Die drei Sensoren teilen die Versorgungsspannung (hier 6 V) entsprechend ihrer Beleuchtung (je dunkler desto größer) unter sich auf.
In unserem im Diagramm dargestellten Beispiel trifft auf Sensor T3 am meisten Licht und auf Sensor T1 am wenigsten. An T1 liegen 2.5 V, an T3 1.5 V und an T5 2 V (InR = – 0.5 V und InL = 1 V). Entsprechend ergeben sich für die Motorspannungen MR = 2 V und ML = – 1 V. Der linke Motor dreht also in halber Geschwindigkeit (verglichen mit dem rechten). “tibo” wendet sich somit der dunkleren Seite zu.
Die Verstärkung der Schaltung beträgt A = 2. Sie ist am Längenverhältnis der Balkensegmente im Diagramm abzulesen. Wir berechnen sie aus dem Verhältnis der Widerstände A = 1 + R(D7) / R(B7) = 1 + 4.7/4.7 = 2. Ein Spannungsunterschied von 0.5 V an den [+] Eingängen der OPs wird also auf einen Unterschied von 1 V an den Ausgängen verstärkt.
Aufgaben zum Weitertüfteln
- Wäre die Spannung an T3 nahezu 0 V (weil der mittlere Sensor beispielsweise mit einer Taschenlampe angestrahlt wird) und werden T1 und T5 gleich hell beleuchtet, so wären MR = 3 V und ML = – 3 V. “tibo” würde also mit maximaler Geschwindigkeit dem Licht entgegen fahren. Probiert es aus. Es könnte jedoch schwierig werden: Warum ist das so?
- Wie hoch müsste die Spannung an T3 im Vergleich zu T1 und T5 sein, damit “tibo” zum Stillstand kommt? Und in welchem Fall rast “tibo” mit maximaler Geschwindigkeit rückwärts? Welche Möglichkeiten fallen euch ein, “tibos” Bestreben vorwärts oder rückwärts zufahren über die Steuerschaltung zu verändern oder über das Poti P1 einzustellen?
- Wie würde sich “tibo” verhalten, wenn er seine Infrarot-LEDs aktiviert? Wie reagiert er auf Hindernisse? Was passiert, wenn er die IR-LEDs nur bei Stillstand einschaltet?
Viel Spaß beim Lösen und Experimentieren!
Wir sind gespannt auf eure Erfahrungen und freuen uns auf eure Lösungen. Bilder oder Videos könnt ihr uns schicken oder direkt auf den Social Media-Kanälen teilen.
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